Liebe Frau Zinßmeister, es hat mir viel Freude bereitet, ihr Buch als Hörbuch zu produzieren und mir sind dabei Fragen an Sie in den Sinn gekommen:
Wie hat sich die Idee zu diesem spannenden Roman bei Ihnen entwickelt?
Deana Zinßmeister:Egal ob auf den Straßen, in den Restaurants und sogar beim Autofahren kann man beobachten, wie abhängig wir von unseren Smartphones geworden sind. Auch wenn damit kaum noch telefoniert wird, dank seiner zahlreichen Funktionen bestimmt das handgroße Telefon das Leben von Jung und Alt. Gleichzeitig klagen mehr und mehr Menschen, wie das alltägliche Leben sie auffrisst und der Druck steigt, stetig mehr Leistung zu erbringen.
Als verschiedene Zeitungsartikel berichteten, dass Menschen gerne ihre freie Zeit in Wikinger- oder Keltendörfern verbringen würden, um dort in ein einfaches Leben ohne Komfort abzutauchen, wurde ich hellhörig, zumal sich auch Mittelaltermärkte großer Beliebtheit erfreuen. Ihre Fans wandern verkleidet als Bader, Bogenbauer, Töpfer oder Kräuterfrau über die Märkte und schlüpfen in die jeweiligen Rollen, um für ein Wochenende wie vor hunderten von Jahren zu leben.
Alle diese Menschen scheinen aus ihrem modernen, kontrollierten und verplanten Leben ausbrechen zu wollen, um für eine kurze Zeit ihren Alltagsstress zu vergessen.
Durch diese Beobachtungen kam mir der Gedanke, wie wäre es, wenn man einigen
Menschen die Möglichkeit gäbe, aus ihrem jetzigen Leben für immer auszusteigen?
Aus welchen persönlichen Gründen heraus würde sie leben wollen wie im Mittelalter?
Was müsste man ihnen bieten müssen, damit sie nicht mehr zurückwollten?
Würden sie ohne den gewohnten Komfort aus- bzw. durchhalten?
Wie würden sie sich in der fremden Situation zurechtfinden? Wäre sie dann glücklich? Was
würden sie ihren Kindern sagen? Wie würden sie sie erziehen?
Da meine Literaturagentin das Thema ebenfalls spannend fand, entwickelte ich das Exposé
für meinen Jugendroman DAS AUGE VON LICENTIA, der 2017 beim Arena Verlag
veröffentlicht wurde.
Aussteigen aus dem bisherigen Leben? Hatten Sie selbst schon einmal diesen
Wunsch? Oder ist die Idee von einer friedlich zusammenlebenden Gemeinschaft eine
einzige Illusion?
Deana Zinßmeister:Ich bin ein glücklicher und zufriedener Mensch, deshalb stellt sich mir die Frage nicht. Jedoch kann ich mir vorstellen, dass es Personen gibt, die schon einmal daran gedacht haben, ihren Alltag und somit ihrem gewohnten Leben zu entfliehen. Allerdings bezweifle ich, dass viele diese Chance, wenn es sie gäbe, ergreifen würden – außer es ginge um Leben oder Tod.
Die meisten Menschen würden sich scheuen, ihre Komfortzone zu verlassen, da sie wissen, was sie haben, aber nicht wissen, was sie bekommen würden.
Die Vergangenheit, aber auch die Gegenwart zeigen uns, dass es anscheinend in der Natur
des Menschen liegt, nach mehr zu streben. Ein dauerhaftes Glücklich Sein oder auch eine
ständige Zufriedenheit kann es anscheinend nicht geben, weswegen es immer wieder zu
Konflikten kommt. Das zeigt auch mein Roman Das Auge von Licentia. Menschen haben unterschiedliche Vorstellungen über ihr Leben und versuchen diese um- bzw.
durchzusetzen. Ein friedliches Zusammenleben in einer Gesellschaft wäre erstrebenswert. Es liegt an dem Verhalten eines jeden Einzelnen, dies zu erreichen.
In den Rezensionen zum Buch habe ich gelesen, dass von Lesern der Wunsch besteht,
eine Fortsetzung zu lesen zu bekommen. Könnten Sie sich vorstellen, die Geschichte
weiterzuentwickeln?